Hintergründe Finanztransaktionssteuer

Die EU-Finanztransaktionssteuer wurde am 22.01.2013 nach jahrelanger Diskussion und Vorarbeit für elf EU-Staaten beschlossen, darunter Deutschland und Frankreich, ohne die das Vorhaben gescheitert wäre. Die Steuer wird sehr breit, aber auch sehr niedrig ausfallen, Trader mit kleinen Konten werden sie wie eine leicht erhöhte Ordergebühr wahrnehmen (bei der Order von Derivaten im Wert von 500 Euro wären es 5 Cent). Der Protest der Finanzwelt wirkt also etwas überzogen, zumal es solche Steuern immer gab und auch aktuell schon gibt – beispielsweise in Frankreich und am wichtigen Finanzplatz London.

Was ist eine Finanztransaktionssteuer?

Jede Transaktion eines Wertpapiers wird besteuert, also jeder Kauf und jeder Verkauf sowohl börslich als auch außerbörslich. Das hat eine lange Tradition und spült zuverlässig Geld in die Kassen der Staaten, wobei die Details recht differenziert ausfallen. In Deutschland gab es bis 1991 eine Börsenumsatzsteuer, die auf eine Reichsstempelsteuer schon aus dem Jahr 1881 zurückging, in Frankreich werden aktuell Aktienkäufe und -verkäufe mit 0,1 bis 0,2 Prozent des Wertes, Derivate auch im Hochfrequenzhandel mit 0,01 Prozent pro Transaktion besteuert (so wird auch die EU-Finanztransaktionssteuer ausfallen), in den USA, Großbritannien, Irland, Belgien, Finnland, Zypern, Griechenland und weiteren Ländern der Welt erhebt man ähnliche Steuern. Das entscheidende Moment bei der Bewertung besteht darin, dass es sich um eine Umsatz-, keine Gewinnsteuer handelt. Jede Transaktion kostet über Broker- und Börsengebühren hinaus etwas mehr Geld, egal ob sie Gewinn oder Verlust bringt. Manche Politiker und Finanzfachleute vermuten daher, dass so eine Steuer zum Beispiel den Hochfrequenzhandel eindämmen könnte, bei dem Tradingroboter (sogenannte Expert Advisors wie im MetaTrader enthalten) bis zu 10.000 Operationen pro Sekunde durchführen können. Einige Fachleute unterstellen dem Hochfrequenzhandel, dass er für die Finanzkrisen seit 2007 zumindest mitverantwortlich ist, aber diese Vermutung lässt sich aus dem Börsengeschehen nicht ableiten. Zwar nimmt der Handel über Expert Advisors seit 2006 rasant zu und könnte heute 70 Prozent des Weltbörsenhandels ausmachen, die Volatilitäten haben sich aber seit den frühen 2000er Jahren nicht signifikant verändert. Außerdem fällt die Steuer effektiv zu gering aus, um jemanden vom Handel abzuhalten. Daher klingen die Statements der EU-Staatschefs glaubwürdiger: Die Finanzakteure wurden nach der Krise 2007/2008 mit bis zu 4,6 Billionen Euro staatlich gestützt, nun sollen sie über die Finanztransaktionssteuer einen Teil des Geldes zurückzahlen. Große Länder wie Deutschland und Frankreich erwarten Einnahmen im niedrigen zweistelligen Milliardenbereich.

Ausgestaltung der Finanztransaktionssteuer

Die Länder Deutschland, Frankreich, Spanien, Italien, Österreich, Portugal, Estland, Griechenland, Belgien, Slowenien und die Slowakei werden entweder 2014 oder Anfang 2015 die Steuer einführen, ein genaues Datum steht noch nicht fest. Der deutsche Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) gab am 25.02.2013 bekannt, dass er den 2014er Haushalt bislang ohne die Einnahmen aus der Finanztransaktionssteuer plant. Diese wird nach den letzten EU-Beschlüssen von Januar 2013 auf Aktientransaktionen 0,1 Prozent, auf Derivatetransaktionen 0,01 Prozent betragen.

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